Aus gegebenem Anlass krame ich meinen alten Vorstellungs-Thread mal wieder aus der Versenkung. Mein Passat hat Anfang diesen Jahres das 30. Lebensjahr vollendet und darf sich seit kurzem auch staatlich anerkannter Oldtimer nennen! Ich nehme das mal zum Anlass euch mein "Dauerprojekt" vorzustellen.
Ich kenne ihn schon seit Beginn meines Studiums 2011. Er gehörte dem Stiefvater eines Freundes und wir waren des Öfteren mal mit ihm unterwegs. Der Zustand war oberflächlich betrachtet immer mittelmäßig, ziemlich dreckig und unaufgeräumt. Aber er fuhr immer, alles notwendige wurde von einem Freund des Besitzers gemacht. Ich habe mich jedenfalls immer gefreut, wenn wir mal wieder mit dem Passat fahren konnten (ich natürlich immer als Beifahrer).
Irgendwann Mitte 2015 bekam ich den eine Mail von besagtem Freund. Sein Stiefvater wolle sich von dem Passat trennen. Der TÜV stünde an und die notwendigen Reparaturen seien für ihn nicht mehr wirtschaftlich. Außerdem hatte er sich wohl mit dem Freund, der den Passat immer repariert hatte, überworfen. Bei einigen Arbeiten an seinem T3 kam wohl zu Tage, dass besagter "Schrauber" gern und ausgiebigen Pfusch betreibt... Davon kann ich inzwischen auch ein Lied singen

Der Passat sollte also weg. Ihm war aber wichtig, dass der Wagen in gute Hände kommt und weiter fährt. Die ganze Familie hängt nachwievor (auch heute noch - ich sehe sie ab und zu mal durch meinen Kumpel) an dem Auto. Immerhin haben sie ihn seit der Erstzulassung gefahren. Er wurde bis dato nur einmal umgemeldet. Vom Vater nach dessen Tod auf den damaligen Besitzer.
So sah ich mir den Passat einmal genauer an und fand viel ... sagen wir mal: kreative Ideen. Türen und Radläufe mit unlackiertem Spacktel zusammen geflickt, das Fahrertürfenster wurde durch einen Holzkeil in Position gehalten. Die Haube wurde mit Hilfe eines durch den Kühlergrill geführten Seils geöffnet. Moos und Dreck überall. Schiebedach außer Funktion (aber dicht!), der falsche Vergaser montiert und haarsträubend zusammen geflickt (aber das wusste ich da noch nicht). Die Stoßdämpfer und Lager an der Hinterachse durch jahrelangen Anhängerbetrieb hinüber. Er fuhr sich so, wie man sich gemeinhin einen amerikanischen Straßenkreuzer vorstellt
Zu dem Zeitpunkt sah er so aus:
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Rost hatte er natürlich auch. Die Türen (klar), das obligatorische Loch vom rechten Radhaus in den Kofferraum und der Innenkotflügel vorn, rechts. Der Wagen hatte im zarte Alter von 8 Jahren mal einen heftigen Auffahrunfall mit Überschneidung, bei dem die Front wohl genau das getan hat, wozu sie konstruiert ist: sie ist an der "Sollbruchstelle" vor dem Federbeindom eingeknickt. Damals wurde der Wagen professionell instand gesetzt. Das ist auch insgesamt sehr gut gemacht worden - lediglich an der besagten Knickstelle bildete sich über 10 Jahre nach der Reparatur wieder massiv Rost.
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Achja, Reifen waren natürlich am Ende, Antenne abgebrochen, Türschachtleisten zerfressen... der normale Wahnsinn beim Verbrauchtwagenkauf. Aber er passte genau in mein Beuteschema. Der vom Besitzer aufgerufene Preis lag im seeeehr niedrigen dreistelligen Bereich und damit schon damals unter dem, was für einen durchschnittlichen Schlachter so anzulegen war. Der Wagen hatte noch 2 Monate TÜV und da wir uns kannten war es auch kein Problem ihn auf eigener Achse und den alten Kennzeichen in meine Halle zu bringen.
Die Kennzeichen wollten die Vorbesitzer nur gern wieder haben - aus sentimentalen Gründen. Es tat mir auch ein wenig weh sie abzumontieren. Immerhin waren es diejenigen, die seit dem Kauf an dem Auto waren. Ohne Euro-Balken, aber dafür mit alter Hannoverscher Zulassungsplakette.
So stand er dann bei mir. Ein eigentlich endverbrauchter Passat, der aber irgendwie etwas besonderes hatte. Ich kannte ihn damals selbst schon seit vier Jahren und durch meinen Kumpel und dessen Familie kenne ich zu jeder Delle und Macke die Geschichte. Ich weiß welcher Fahrradständer für die Beule im hinteren, rechten Seitenteil verantwortlich ist und wer als Kind immer beim Einsteigen mit den Füßen am Kunstleder der Rückbank vorbei geschrabbt ist, obwohl er dafür immer zurecht gewiesen wurde. Ich kenne die drei Leute, die auf der Rückbank meines Passats aufgewachsen sind und weiß, welche Familienausflüge mit ihm unternommen wurden.
Und er hat sich bei mir gleich mal verdient gemacht. Gerade als er zu uns kam, stand bei uns ein Umzug an: meine Freundin und ich sind zusammen gezogen. Und das Schöne an einem alten VW ist einfach, dass du - egal wie fertig er auch sein mag - dich auf ihn verlassen kannst. Er hat in den paar Monaten, die der Rest-TÜV noch galt, anstandslos schwere Hänger gezogen und Touren nach Wilhemshaven und Uelzen zu unseren jeweiligen Familien absolviert. Immer mit Möbeln und co. im Kofferraum.
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Nach erfolgreichem Umzug stand dann der TÜV an, zu dem ich erst mal Hand an so ziemlich jeder Stelle anlegen musste... Blech, Fahrwerk, Bremsen, Motor, Auspuff, Elektrik, ... Überall gab es Handlungsbedarf. Aber er bekam die Plakette und ich wusste nach eingehender Beschäftigung mit dem Auto, dass die Substanz brauchbar war und er es definitiv verdient hatte weiter zu leben. Es zeigte sich aber leider auch, dass der "Schrauber" des Vorbesitzers keinen besonderen Wert auf ordentliche Arbeit legte. Da wurde ungeschütztes Blech einfach mit Unterbodenschutz übergejaucht und irgendein Golf-Vergaser montiert. Die Unterdruckschläuche waren vollkommen wirr angeschlossen und an vielen Stellen ersetze Dichtpampe eine eigentlich notwendige neue Dichtung.
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